Zwei Kopenhagen-Reiseführer im Härtetest

von Madeleine Reincke (Baedeker), Andreas Bormann (Marco Polo)

Gibt es etwas Schöneres als die Vorfreude auf den Urlaub? Wochenlang wird im Vorwege überlegt, was man sehen möchte, wo man unbedingt einmal gewesen sein muß und natürlich unnachgiebig nach Insidertips gefahndet. Wie gerufen kommen in solchen Momenten die allseits beliebten Reiseführer. Am konkreten Beispiel „Kopenhagen“ haben wir zwei Urlaubshelferlein auf Herz und Nieren getestet.

Mit dem Baedeker Allianz Reiseführer Kopenhagen macht die Planung des nächsten Dänemark-Trips richtig viel Spaß. Denn der Reiseführer vermittelt auf 238 Seiten jede Menge Informationen über die dänische Hauptstadt. Neben dem üppigen Lesestoff laden zahlreiche detailreiche Bebilderungen der Sehenswürdigkeiten zum Schmökern ein. Auch enthalten ist ein Stadtplan: Für den Spaziergang durch Kopenhagen aber ist der Baedeker einfach zu dick.

Die bessere Alternative für die Westentasche ist eindeutig Marco Polos Kopenhagen-Reiseführer. Im kompakten Format bietet er die Informationen, die man auf die Schnelle braucht, wenn man sich durch Dänemarks Hauptstadt wühlt. Alles lässt sich binnen weniger Sekunden auf den 132 Seiten wiederfinden – was sich schließlich beim Praxistest vor Ort als deutlich effektiver erweist. Themenrubriken wie „Sehenswürdigkeiten“, „Essen & Trinken“ und „Mit Kindern unterwegs“ machen das Navigieren zusätzlich einfacher. Abgerundet wird das umfangreiche Angebot durch eine kleine Sprachfibel, U-Bahn-Pläne und Straßenkarten inklusive Verzeichnis.

Baedeker Allianz Reiseführer Kopenhagen, Madeleine Reincke
Taschenbuch, Baedeker, 238 Seiten
ISBN: 978-3-8297-1139-5, 15,95 Euro.

Marco Polo Reiseführer Kopenhagen, Andreas Bormann
Taschenbuch, Mairdumont, 132 Seiten
ISBN: 978-3-8297-0458-8, 9,95 Euro.

Die Shakespeare-Morde

von Jennifer Lee Carrell

Brutale Morde erschüttern die Shakespeare-Gemeinde: Zuerst geht das legendäre Londoner Globe-Theatre in Flammen auf, kurz darauf wird eine Shakespeare-Expertin tot aufgefunden. Angeblich war sie auf der Spur eines unbekannten weiteren Meisterwerks des englischen Schriftstellers.

Die junge amerikanische Theaterregisseurin Katherine „Kate“ Stanley gerät zufällig in eine der größten Vertuschungsaktionen der letzten Jahrhunderte. Ihre gute Freundin und Harvard-Professorin Rosalind Howard hat Hinweise darauf gefunden, daß irgendwo auf der Welt ein weiteres Shakespeare-Stück zu finden sein soll. Da diese offensichtlich die Bedeutung richtig einschätzt, versteckt sie ihre Erkenntnisse in Rätseln. Das erweist sich wenig später als gute Vorsichtsmaßnahme, als sie im Londoner Globe Theatre tot aufgefunden wird.

Anscheinend gibt es dort draußen Mächte, die nicht wollen, daß das Werk an die Öffentlichkeit kommt. Für Katherine Stanley und ihre Gefährten beginnt mit der Suche nach dem verschollenen Buch ein Wettlauf gegen die Zeit und die Mörder: In allen bedeutenden Shakespeare-Archiven der Welt brechen plötzlich Feuer aus, zerstören die Jahrhunderte alten Bücher und machen so die Hinweise zunichte. Ganz zu schweigen davon, daß Kates Verfolger ihre Vertrauten höchstdramatisch ums Leben bringen – inszeniert wie in den zahlreichen Schriftstücken Shakespeares.

Jennifer Lee Carrell begibt sich mit „Die Shakespeare-Morde“ auf ein mystisches Feld, wie es zuletzt Dan Brown vorgemacht hat. In ihrem Buch dreht es sich nicht nur um eine spannende Verfolgungsjagd zwischen Opfern und Jägern, sondern auch um grundlegende Fragen der Shakespeare-Forschung: Wer war Shakespeare wirklich? Hat er überhaupt existiert oder sind seine Klassiker Werke von verschiedensten Autoren? Die eigentliche Hetzjagd über den Globus wirkt und fesselt den Leser. Allerdings verliert sich Carrell zu häufig in Details über das Leben und Wirken Shakespeares. Selbst Leseratten, die „König Lear“, „Macbeth“ oder „Romeo und Julia“ gelesen haben, haben bisweilen Probleme, in die tiefsten Tiefen der Shakespeare-Wirren einzutauchen – erst recht in die trickreiche Mystik um die Person Shakespeares. Da wäre weniger manchmal mehr gewesen.

Die Shakespeare-Morde, Jennifer Lee Carrell
Gebunden, List, 464 Seiten
ISBN: 978-3-471-35001-0, 19,90 Euro.

Die Märchen von Beedle dem Barden

von Joanne K. Rowling

Ein letztes Mal können Magiefans in die Welt von Harry Potter abtauchen. Die britische Bestsellerautin Joanne K. Rowling veröffentlichte nun „Die Märchen von Beedle dem Barden“. Bereits im siebten Potter-Roman „Die Heiligtümer des Todes“ wurde Beedle beiläufig erwähnt – er ist für Magier das, was für uns die Gebrüder Grimm sind. Nun stehen fünf seiner Geschichten auch den nicht-magischen Menschen („Muggel“) zum Lesen bereit.

Fünf kurze, magische Geschichten erwarten die Leser beim Aufschlagen des knapp 120 Seiten dicken Buchs. In erster Linie drehen sich die Märchen um die Beziehungen von Magiern zu normalen Menschen: einmal will ein Zauberersohn sein Wissen nicht zum Wohle aller einsetzen und daher wenden sich die Zauberkräfte gegen ihn, ein weiteres Mal wehrt sich ein Magier in „Des Hexers haariges Herz“ gegen die Liebe und zerbricht schließlich daran. Jeder der fünf Kurzgeschichten folgt ein teilweise ebenso langer Kommentar von Albus Dumbledore, dem Schulleiter von Hogwarts. Darin gibt er geschichtliche Hintergründe zu den Märchen oder klärt die Muggel über die jeweilige Bedeutung für die Zaubererwelt auf.

Joanne K. Rowling schrieb „Die Märchen von Beedle dem Barden“ nicht nur, sie illustrierte ihr Werk auch mit zahllosen Bildern. Sie sieht das Sammelsurium als einen Abschluss mit dem Harry-Potter-Universum – danach will sie sich anderen Projekten widmen. Leider liest sich das Buch auch so wie eine „Vergangenheitsbewältigung“. Der Charme, den noch die sieben Potter-Bände hervorriefen, fehlt teilweise. So bleibt am Ende vielmehr ein Muss-Werk für Potter-Fans, alle anderen finden immerhin noch fünf nette Zauberermärchen.

Die Märchen von Beedle dem Barden, Joanne K. Rowling
Gebunden, Carlsen, 126 Seiten
ISBN: 978-3-551-59999-5, 12,90 Euro.

Die Zunge Europas

von Heinz Strunk

Markus Erdmann ist eine arme Sau: Tagein, tagaus muss er für minderbemittelte Komiker noch schlechtere Witze schreiben. Und zu allem Überfluss läuft auch im privaten Leben nichts mehr – seine Langzeitfreundin reizt ihn überhaupt nicht mehr und eine neue Flamme ist auch nicht in Sicht. Markus ist eher der Typ „In der Disco auf die Handtasche Aufpasser“. Doch dieser unscheinbare Mensch ist die zentrale Figur in Heinz Strunks neuem Roman „Die Zunge Europas“.

Der Leser begleitet den Hamburger Loser Erdmann eine Sommerwoche durch sein langweiliges Leben und nimmt teil an der Tristesse: sonntäglicher Besuch bei Mutti, ereignislose Fernsehabende zuhause, Selbstzweifel. Doch irgendwo gibt es auch für den „alten Topf“ Markus Erdmann den passenden Deckel und den Weg zum Glück.

Heinz „Heinzer“ Strunk meldet sich mit „Die Zunge Europas“ zurück an der literarischen Front.
Nach „Fleisch ist mein Gemüse“ ist auch das neue Werk gespickt mit seiner genialen und schonungslosen Analyse von Charakteren. Der Kneipier mit dem mimiklosen Gesicht wird so zu „Fantomas“ und der türkische Rapper im weißen Nike-Trainingsanzug trägt „Schmuck aus der Asservatenkammer“. Gekonnt spielt Strunk mit den Klischees und beschreibt Alltagssituationen so präzise und pointiert, dass man mehr als nur einmal schmunzeln oder gar laut lachen muss. So wird sogar ein Buch über einen Versager zur puren Unterhaltung.

Die Zunge Europas, Heinz Strunk
Gebunden, Rowohlt, 320 Seiten
ISBN: 978-3-49806-398-6, 19,90 Euro.

Kritik der reinen Toleranz

von Henryk M. Broder

Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt, so sagte Thomas Mann bereits. Heute dagegen, so findet Henryk M. Broder in seinem neuen Traktat Kritik der reinen Toleranz", tolerieren wir uns langfristig zu Tode. Einfach weil es bequemer ist oder weil wir uns nicht mehr trauen, berechtigte kollektive Interessen zu formulieren und durchzu-setzen.

Heutzutage nehmen wir legitime Rechte nicht mehr wahr, fordern ihre Achtung nicht mehr ein oder sehen sogar bewußt über Fakten und Handlungen hinweg, indem wir sie als zu tolerierend" einstufen. Grenzen werden nicht mehr gesetzt und gesetzte nicht mehr durchgesetzt. Broder kommt in seinem Buch zum Schluß, die Toleranz sei die Fortsetzung der Ratlosigkeit mit anderen Mitteln. In den Städten "tolerieren" wir inzwischen national befreite Zonen" und No-Go-Areas", in denen glatzköpfige Ureinwohner oder Unterpriviligierte mit Migrationshintergrund das Sagen haben und in denen sich sogar Polizeikräfte nicht mehr blicken lassen. Ähnliches geschieht seiner Ansicht nach in der Weltpolitik: Beispielsweise kneifen wir regelmäßig vor beleidigten Moslems, meistens schon sehr präventiv, statt für unsere Lebens- und Glaubensweise auch Toleranz einzufordern. Vielmehr entschuldigen wir uns schon mal für sie, falls sie den anderen nicht passen sollte.

Unterhaltend, aber bissig schlußfolgernd, stellt Broder das heutige Toleranzverständnis in 13 Kapiteln an aktuellen Beispielen und Geschehnissen dar. Bekannt sprachgewaltig, manchmal erfrischend politisch unkorrekt, aber mit nachvollziehbarer Logik, rückt er unserem lethargisierenden modernen Toleranzverständnis zu Leibe und versucht, die Toleranz" wieder zu dem zu machen, was sie früher einmal war: Ein gegenseitiges Achten von Menschen, deren Unterschiedlichkeiten und Rechte, aber auch die folgerichtige Konsequenz der Einforderung dieses Achtens. Broders Fazit: Duckmäuser sind nicht tolerant, sie sind ängstlich. Und so sei dieses Buch allen empfohlen, die sich noch nicht zur Untätigkeit toleriert haben - ganz besonders aber jenen, die persönliche oder öffentliche Entscheidungen treffen müssen und wollen.

Kritik der reinen Toleranz, Henryk M. Broder
Gebunden, WJS-Verlag, 214 Seiten
ISBN: 978-3-937989-41-9, 18 Euro.

Fucking Berlin

von Sonia Rossi

fuckingberlinEigentlich wollte die gebürtige Sizilianerin Sonia Rossi nur nach Berlin kommen, um Mathematik zu studieren - und natürlich, um aus der Enge des kleinen italienischen Dorfes zu entkommen, in dem sie seit ihrer Geburt lebt. Ihr Vater betreibt im Dorf ein kleines Hotel, ihre Mutter jobt als Bibliothekarin. Somit hat die junge Sonia nicht allzu viel Geld zur Verfügung und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Das erste Jahr in der deutschen Hauptstadt soll eh dazu da sein, um die fremde Sprache richtig zu lernen. Aber es soll alles ganz anders kommen, als gedacht.

Schnell gerät Rossi in die falschen Kreise: Sie tanzt sich nachts durch diverse Szeneclubs und begegnet schließlich dem Polen Ladja und verliebt sich in ihn. Als sie erfährt, dass er für Geld mit Männern ins Bett geht, wird ihre Beziehung zum ersten Mal auf eine harte Probe gestellt - am Ende hört er ihr zuliebe damit auf. Doch Sonia kann sich nie lange genug in einem Beruf halten und kommt bald selbst in Finanznöte. Ohne ihrem Freund davon zu erzählen, fängt sie schließlich bei einer Erotik-Webcam-Show an. Doch auch da kann sie sich nicht lange halten, es folgt ein Job in einem Puff, der Sex-Massagen anbietet. Aber das ist noch lange nicht das Ende von Sonia Rossis zwielichtiger Karriere, in der sie auch Platz für ihr Studium finden muss. Erschwerend kommt hinzu, dass sie niemandem von ihrem Doppelleben erzählen kann. Schon gar nicht ihrem Freund.

Unverblümt gibt Sonia Rossi als Ich-Erzählerin einen Einblick in ihr ehemaliges Leben als Studentin und Teilzeit-Hure in Berlin. Offen und ehrlich schildert sie ihre Erlebnisse in der Rotlichtbranche. Dabei gelingt es ihr, niemanden zu verurteilen. Die Kunden leben eben nur ihre Phantasien aus und die Kolleginnen tun eben nur ihren Job. Vielmehr liest sich ihr Buch „Fucking Berlin" als eine Art Biografie, die nachvollziehbar macht, warum Rossi so handelte, wie sie handelte. An manchen Stellen gleitet die Erzählweise aber auch ins Flache ab. Dann wirken die Passagen wie eine aufgesetzte Schilderung, die mehr von einer fiktiven Geschichte denn von einem autobiografischen Werk hat. Alles in allem ist „Fucking Berlin" aber ein ohne Verurteilungen verfasstes Buch, das einen lesenswerten Einblick in die Welt des Rotlichtmilieus bietet.

Fucking Berlin, Sonia Rossi
Taschenbuch, Ullstein, 288 Seiten
ISBN: 978-3-54837-264-8, 8,95 Euro.

Die dritte Prophezeiung

von Marco Buticchi

Europa am Anfang des 14. Jahrhunderts: die altehrwürdigen Tempelritter werden vom König von Frankreich und dem ihm wohlgesinnten Papst gejagt, denn der Orden ist ihnen zu mächtig geworden. Der Templer-Großmeister Jacques de Molay verflucht daraufhin den Papst auf dem Scheiterhaufen – Jahrhunderte später wird ein Attentat auf Papst Johannes Paul II. verübt und dieser lässt sich daraufhin die dritte Prophezeiung von Fatima vorlegen – haben beide Geschehnisse etwas miteinander zu tun?

Dieser vermeintlich spannende Kirchenthriller liest sich nur auf der Buchrückseite spannend. Vielmehr verliert sich Marco Buticchis Roman „Die dritte Prophezeiung“ in belanglosen kleinen Geschichtchen. So spielt die Handlung einmal im fernen Russland während der Oktoberrevolution, dann wieder im amerikanischen Mittelalter und schließlich im New York der Neunziger, wo sich ein Kleinganove versucht, über Wasser zu halten und eine Wahrsagerin bei der Verbrechensaufklärung hilft. Und ein italienischer Templer-Forscher mit Verbindungen zum Mossad legt sich bei seinen Recherchen unwissentlich mit einem Geheimbund an. Nebenbei taucht auch die Behauptung auf, die Templer könnten im 14. Jahrhundert schon vor Columbus in Amerika gewesen sein.

Sofern der geneigte Leser die versprochene Geschichte der Buchrückseite erleben möchte, muss er sich allerdings in Geduld üben: die eigentliche Handlung setzt zaghaft erst weit hinter Seite 260 ein – so lange mutet das Buch wie ein Tagebuch an. Aber auch dann werden die Zeitsprünge sowie Irrungen und Wirrungen nicht weniger. Marco Buticchis „Die dritte Prophezeiung“ ist somit nicht mehr als eine schlechte Dan-Brown-Kopie.

Die dritte Prophezeiung, Marco Buticchi
Taschenbuch, Piper, 496 Seiten
ISBN: 978-3-49225-187-7, 8,95 Euro.

Die schönsten Bibliotheken der Welt 2009 (Wandkalender)

von Guillaume de Laubier (Fotograf)

Es ist Herbst, die Blätter fallen und das Schietwetter holt uns ein. Genau die richtige Zeit, um einzukehren und sich ein wunderbares Buch zu schnappen. Um auch für ein stimmungsvolles Ambiente im kommenden Jahr zu sorgen, bringt der Verlag Knesebeck wieder den passenden Wandkalender auf den Markt: „Die schönsten Bibliotheken der Welt 2009“.

Zwölf Monate, zwölf Bibliotheken. Von der barocken Nationalbibliothek Österreichs über die mittelalterliche Prager Klosterbibliothek Strahov bis hin zum imposanten Lesesaal der Library of Congress in Washington entführt der Fotograf Guillaume de Laubier auf eine Reise durch die Wissensarchive der Welt. Die Aufnahmen strahlen gleichzeitig Ruhe und auch eine gewisse Dynamik aus - die Stille und Gemütlichkeit der Bibliotheken wirkt so niemals schwer und bedrückend. Allen voran beeindruckt natürlich die Aufnahme der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, die wenig später einer Feuersbrunst zum Opfer fiel und mühsam wieder restauriert werden musste.

Die Bilder sind allesamt aus Laubiers Buch „Die schönsten Bibliotheken der Welt“ aus dem Jahr 2003, ebenfalls erschienen bei Knesebeck, entliehen. Für Buchliebhaber ist es fast schon ein wahres Muss, den Wandkalender bei sich zu Hause in der eigenen Privatbibliothek oder zumindest in der Leseecke aufzuhängen. Aber dabei bitte still sein!

„Die schönsten Bibliotheken der Welt 2009“, Guillaume de Laubier
Wandkalender, Knesebeck
ISBN: 978-3-896-60541-2, 29,95 Euro.

Der Tod ist nur der Anfang

von Sebastian Faulks

Ian Fleming ist zurück - zumindest im übertragenden Sinne. Der britische Autor Sebastian Faulks („Die Traumtänzer“) wurde 2006 nach einem Autorenwettbewerb vom Nachlassverwalter auserwählt, das Bond-Universum auch in gedruckter Fassung zu einem Neustart zu verhelfen - passend zum 100. Geburtstag des 007-Erfinders. So las sich Faulks durch die alten Fleming-Romane und erweckte den wohl berühmtesten Geheimagenten ihrer Majestät wieder zum Leben: Als angenehme Mischung aus dem einstigen Fleming-Bond und den „alten“ Tugenden seiner Filmpendants. „Der Tod ist nur der Anfang“ spielt Ende der Sechziger während des Kalten Krieges und der Oberbösewicht will das britische Königreich mit einer Drogenflut in die Knie zwingen.

Nach seinem letzten Einsatz hat Bond beschlossen, seinem Vorgesetzten M zu sagen, dass er dem britischen Auslandsgeheimdienst MI 6 nicht mehr länger zur Verfügung stehen würde. Doch während seiner mehrmonatigen Abwesenheit wird 007 auf einmal zu M zitiert und schneller als ihm lieb ist, befindet er sich wieder im nächsten Abenteuer. Der Unterweltboss Julius Gorner baut im Nahen Osten ein riesiges Drogenimperium auf mit nur einem Ziel: Großbritannien endgültig zu vernichten. Rückendeckung erhält er dabei von seiner brutalen Rechten Hand Chagrin, der schon in Vietnam berüchtigt war. Für Bond beginnt nun ein Wettlauf gegen die Zeit, der ihn quer über den Globus von Paris über Teheran bis ins tiefe Russland führt.

„Sebastian Faulks schreibt als Ian Fleming“ steht auf dem Cover des neuen Bondabenteuers „Der Tod ist nur der Anfang“. Aber der Hinweis ist wohl eher dem runden Geburtstag des 007-Vaters geschuldet. Faulks versteht es, bei dem neuen Roman die Eigenschaften von Fleming zu nutzen und eigene mit einzubauen. So jongliert er geschickt mit den Bondklischees - Frauenheld, exquisite Getränke, teure Kleidung und Autos - und Wortwitzen, was „Der Tod ist nur der Anfang“ zu einem lesenswerten neuen Bondabenteuer macht. Es ist zu hoffen, dass Sebastian Faulks zumindest noch ein weiteres Buch hinterher schiebt.

Der Tod ist nur der Anfang, Sebastian Faulks
Taschenbuch, Heyne, 352 Seiten
ISBN: 978-3-453-26602-5, 12,95 Euro.

Die Flucht der Ameisen

von Ulrich C. Schreiber

Was wäre, wenn mitten im Rheintal ein Vulkan ausbrechen würde und niemand hätte auch nur einen einzigen Gedanken an eine Evakuierung verschwendet? Richtig, Deutschland würde im Chaos versinken und mehrere Millionen Menschen ihr Hab und Gut verlieren. So drastisch schildert Ulrich C. Schreiber in seinem Roman „Die Flucht der Ameisen“ die Folgen eines plötzlichen und nicht enden wollenden Vulkanausbruchs bei Koblenz.

Gerhard Böhm ist Geologe in Köln und er hat sich auf Vulkanologie spezialisiert. Bei seinen unzähligen Exkursionen in der Eifel stößt er plötzlich auf geologische Störungen im Erdreich, die seltsamerweise alle bekannten, aber längst stillen Vulkane in der Region mit einander verbinden. Schnell sind die Erkenntnisse Grundlage für zahlreiche weitere Forschungen. Eher zufällig fällt Böhm dabei auf, dass auffallend viele Ameisenhaufen entlang dieser Störungen zu finden sind - und bereits wenige Meter davon entfernt keine mehr. Doch zwei Erdbeben in kurzer Folge im Neuwieder Becken und im Aachener Raum ziehen zunächst sein Interesse an. Als dann zu Neujahr auch noch ein unbekannter Vulkan ausbricht, sind Hopfen und Malz verloren. Die austretende Lava versperrt die Rheinenge bei Andernach, nördlich von Koblenz. Innerhalb von Tagen läuft das Umland voll mit Wasser und staut sich zurück bis nach Frankfurt am Main. Finden die Einsatzkräfte und Forscher nicht schnell eine Lösung für das Problem, könnte eine der wirtschaftlich stärksten Regionen Europas für immer verloren sein...

Ulrich C. Schreiber, selbst Geologe an der Universität Duisburg-Essen, entwarf mit „Die Flucht der Ameisen“ einen packenden Geo-Thriller, der nicht nur spannend geschrieben ist, sondern auch die Hilflosigkeit der Menschen gegenüber Naturgewalten dramatisch darstellt. Ebenso packend ist die Vision, was passieren würde, sollte wirklich einmal unvermittelt ein Vulkan in der bislang stillen Eifel ausbrechen - seit Jahrtausenden stille Feuerspucker gibt es dort zu Hauf. Aber: Entgegen jeder Vermutung oder Hoffnung haben Ameisen mit der Handlung gar nichts zu tun. Weshalb also diese irreführende Titelwahl? Abgesehen davon ist Schreiber anzumerken, dass es nicht nur sein erster Roman ist, sondern dass er sich offenbar häufiger mit wissenschaftlichen Texten abgibt. „Die Flucht der Ameisen“ ist an einigen Stellen geprägt von den Fachkenntnissen des Autors und sagen dem Geologie-ungeübten Leser wenig. Streckenweise gesellt sich ein etwas holpriger Schreibstil zu den Detailausführungen. Ist man aber erst einmal in den Rhythmus gekommen, lesen sich auch solche Passagen flüssig durch - eigentlich schade, denn diese beiden Eigenschaften bremsen das an sich sehr spannende Thema ab.

Die Flucht der Ameisen, Ulrich C. Schreiber
Taschenbuch, Piper, 368 Seiten
ISBN: 978-3-49225-134-1, 8,95 Euro.

Zu wahr, um schön zu sein

von Bastian Sick

Der Deutschlehrer der Nation hat wieder zugeschlagen: In seinem neuesten Sammelsurium präsentiert Bastian Sick, Autor der Spiegel Online-Erfolgskolumne „Zwiebelfisch“, 16 verdrehte Sprichwörter. Das beste daran ist aber, dass die Zitate nicht nur dem Leser Freude schenken, sondern sogar als Gruß verschickt werden können. Denn: „Zu wahr, um schön zu sein“ ist ein Postkartenheftchen.

Wer regt sich nicht täglich bei falschen Redewendungen wie „Auf die Zähne beißen“ auf, heißt es doch korrekt „Die Zähne zusammenbeißen“. Doch allen Deutschfans ist jetzt die Möglichkeit geboten, 16 lustige falsche Sprichwörter in die weite Welt zu verschicken. Wie wäre es mit „Na, wo brennt der Schuh“, wenn wieder jemand aus dem Freundeskreis Hilfe braucht? Und vielen unfähigen Arbeitskollegen möchte man manchmal ein genervtes „Plappern gehört zum Handwerk“ hinterherschicken. Das sind nur zwei Beispiele aus dem netten kleinen Büchlein aus dem Hause Sick.

Nach den erfolgreichen drei Zwiebelfisch-Kollektionen und dem Bildband „Happy Aua“ folgt nun also ein weiteres Spin-Off der Reihe. Über Sinn und Zweck lässt sich bekanntlich immer streiten, aber eine witzige Idee ist „Zu wahr, um schön zu sein“ auf alle Fälle. Freunde und Familienangehörige freuen sich zudem mal wieder über echte Post. Außerdem kann jeder für fünf Euro einmal austesten, wie gut es um die Sprichwort-Festigkeit der eigenen Kollegen bestellt ist: Einfach mal den Spruch „Du bist eine Konifere auf Deinem Gebiet“ auf dem Schreibtisch aufstellen und warten, bis dem ersten der Fehler auffällt. Falls ihn keiner bemerkt, ist das zwar tragisch für die deutsche Sprache, aber wir wollen den Teufel ja nicht gleich an die Wand werfen - oder so ähnlich.

Zu wahr, um schön zu sein, Bastian Sick
Taschenbuch, Kiepenheuer & Witsch, 16 Postkarten
ISBN: 978-3-462-04009-8, fünf Euro.

Die Päpste - Herrscher über Himmel und Erde

von Hans-Christian Huf (Hrsg.)

Über 2000 Jahre ist das Papsttum schon alt und 264 Päpste saßen bislang als Petrus Statthalter auf dem Thron in Rom. Kaum ein anderes Amt bietet so viel Stoff für Verschwörungstheorien und Mythen. Dabei ist die wahre Geschichte schon aufregend genug. Der ZDF-Mehrteiler „Das Imperium der Päpste“ beschäftigt sich nun mit der Zeit zwischen 1056, als König Heinrich IV. nach Canossa ging und 1590, als der Petersdom in Rom fertigstellt wurde. „Die Päpste - Herrscher über Himmel und Erde“ von Hans-Christian Huf ist das Begleitwerk zur Serie und bietet einen tiefen Einblick in die religiösen Machtkämpfe des Mittelalters.

Zwischen den Jahrhunderten waren die obersten katholischen Führer nicht nur religiöse Leitbilder, sondern fochten hinter den Kulissen oft auch mit Mord und Intrigen gegen weltliche Machthaber. Sei es die Machtfehde zwischen Papst Gregor VII. und dem deutschen König Heinrich IV - beide sahen sich jeweils als das mächtigste Oberhaupt Europas an. Oder aber die Konflikte zwischen den Päpsten in Rom und den Medici in Florenz: Immer war das Amt des Papstes mehr als ein spirituelles. Vielmehr wollten sie auch ihre weltliche Macht stärken und sich in monumentalen Bauwerken verewigen - die Sixtinische Kapelle oder aber der Petersdom sind nur zwei Beispiele.

„Die Päpste - Herrscher über Himmel und Erde“ von Hans-Christian Huf, der auch für den ZDF-Mehrteiler verantwortlich zeichnet, ist neben der Serie ein Sachbuch, die die tiefen Abgründe zwischen den Päpsten des Mittelalters und ihrer eigentlichen Funktion als religiöser Führer wunderbar illustriert. Auf 286 Seiten ist kompakt nachzulesen, dass sich die Päpste in Europa ebenso in die Machtpolitik einmischten, wie es Könige und Kaiser untereinander taten. Und dass dabei der ursprüngliche Gedanke des „Ur-Papstes“ Petrus, dem einfachen Fischer, völlig aus den Augen verloren wurde. „Die Päpste - Herrscher über Himmel und Erde“ ist ein spannendes und interessantes Werk, dass das Mittelalter, die Renaissance-Zeit und so manches kirchengeschichtliches Ereignis nachvollziehbar macht.

Die Päpste - Herrscher über Himmel und Erde, Hans-Christian Huf (Hrsg.)
Hardcover, Ullstein, 286 Seiten
ISBN: 978-3-550-08693-9, 24,90 Euro.

Faszination Erde: London

von Petra Dublilski (Autor)

London, unangefochtenes Zentrum des britischen Empires und Schmelztiegel der Kulturen. Unzählige Bildbände sind bereits über die Stadt an der Themse erschienen, aber alle sind doch ein Stück anders. So auch das neue Buch „Faszination Erde: London“ aus dem Hause Kunth.

Einer ausführlichen Chronik - angefangen bei den Römern bis hin zur heutigen Zeit - folgen prächtige Panoramabilder, die den kosmopolitischen Flair der Sieben-Millionen-Stadt spürbar machen. Bekannte Ecken wie der Buckingham Palace wechseln sich ab mit relativ unberührten Flecken wie Camden Town.

Bei aller Liebe zu den Bildern kann aber nicht darüber hinweg getäuscht werden, dass wesentliche Fakten fehlen. So findet Jack the Ripper in der Chronik gar keine Erwähnung, ebenso fehlt später der gesamte südliche Teil Londons bei den Panoramafotos - mit Ausnahme der Museen direkt am Themseufer. Die royale Promenade „The Mall“ sucht man, ebenso wie das 68er-Hippie-Zentrum rund um die Carnaby Street und die Beatles-Meile Abbey Road, vergebens. Ganz zu schweigen davon, dass die weltberühmte Londoner U-Bahn, von den Londonern liebevoll „Tube“ genannt, nur mit einer Viertelseite in der Chronik erwähnt wird - nämlich als sie 1863 eröffnet wurde. Sicherlich mögliche, imposante Bilder der teilweise labyrinthartigen Underground-Bahnhöfe hätten das Stadtporträt zusätzlich bereichert.

So bleibt aber nur ein einigermaßen grober Überblick über London, der sicherlich nett anzuschauen und bisweilen auch recht informativ ist. Aber letztlich ist „Faszination Erde: London“ nur etwas für diejenigen, die noch nie in der britischen Hauptstadt waren und sehen wollen, was sie beim ersten Besuch erwartet. Schade.

Faszination Erde: London
Hardcover, Kunth, 160 Seiten
ISBN: 978-3-89944-342-4, 19,90 Euro.

Der Schrecksenmeister

von Walter Moers

Echo ist ein Krätzchen. Krätzchen unterscheiden sich nur in einer Sache von unseren Kätzchen: Sie können sprechen. Echo lebt auf dem mythischen Kontinent Zamonien und dort wiederum gibt es einen Ort, der Sledwaya heißt. In ihm ist das Gesunde krank und das Richtige falsch - ein Ort der Gegensätze. Sledwaya ist die Stadt der Kranken, Apotheker und Doktoren. Sledwayas gruseliger Schrecksenmeister Eißpin - Schrecksen sind eine Mischung aus Hexen und Spinnen - nimmt den obdachlosen Echo bei sich auf, um diesen von vorne bis hinten kulinarisch zu verwöhnen. Natürlich nicht ohne Hintergedanken...

Der Haken an der Sache ist nämlich, dass sich Echo vertraglich dazu verpflichten muss, sich nach einem Monat töten zu lassen, damit der Schrecksenmeister sein seltenes Fett bekommen könne. Doch Echo denkt gar nicht daran, so früh ins Gras zu beißen. So schmiedet er Plan um Plan, um zu entkommen. Und Sledwayas einzige noch lebende Schreckse scheint Echos letzte Rettung zu sein.

Walter Moers „übersetzt“ mit „Der Schrecksenmeister“ bereits den dritten Roman von Zamoniens Edelliteraten Hildegunst von Mythenmetz ins Deutsche. Wie bereits in „Ensel und Kretel“ und „Die Stadt der träumenden Bücher“ entführt uns der zamonische Autor in gewohnt brillianten Sprachausführungen in ein Reich voller wundersamer Wesen, wie einäugige Schuhuss, Goldene Eichhörnchen und kulinarischen Genüssen. Dabei ist „Der Schrecksenmeister“ keinesfalls ein Buch, das sich in einem Rutsch durchlesen lässt, sondern es braucht seine Zeit. Literarisch gesehen ist das „kulinarische Märchen“ ein berauschendes Festessen und kein schnödes Buchstaben-Fast Food.

Der Schrecksenmeister, Walter Moers
Hardcover, Piper, 384 Seiten
ISBN: 978-3-49204-937-5, 22,90 Euro.

Happy Aua

von Bastian Sick

Seit einiger Zeit ist Spiegel Online-Redakteur Bastian Sick in aller Munde. Zuerst brachte seine kleine Deutschkolumne „Zwiebelfisch“ eine riesige Fangemeinde hervor und regelmäßig veröffentlicht er seit 2004 die besten Storys auch für die Offline-Bürger mit dem Titel „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“, das mittlerweile auch schon aus drei Bänden besteht. Und eine Ende ist hoffentlich nicht in Sicht. Das Projekt Deutsch für die Massen hat sich verselbstständigt und seit geraumer Zeit bekommt der gebürtige Ratekauer E-Mails mit den skurrilsten Deutschvergewaltigungen unserer Zeit, die natürlich auch im Internet veröffentlicht werden.

Mit „Happy Aua“ erscheint Sicks inzwischen viertes Buch. Das jetzige ist vielmehr ein Bildband durch den deutschen Sprachurwald, in den die besten Schnappschüsse der treuen Zwiebelfischleser Einzug gehalten haben. Die reichen von „gefühlten Artischocken“ über „Bitte nur senkrecht parken“ bis hin zur „Toilettenbürste Virus“.

Leider ist der Spaß beim lesen des Buches nur von kurzer Dauer. Zwar sorgt das 140 Seiten starke und lustige Sammelsurium für mehr als nur eine schmerzhafte Lachattacke, allerdings nur beim ersten Mal und nach 15 Minuten hat man das Buch durch. Im Gegensatz zu „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ verfliegt der Überraschungsmoment sehr schnell, wohingegen die Texte durchaus auch beim zweiten und dritten Mal Lesen noch Freude bereiten. Für das Lachen zwischendurch im Bus ist „Happy Aua“ aber dennoch wunderbar geeignet.

Happy Aua, Bastian Sick
Taschenbuch, Kiepenheuer & Witsch, 140 Seiten
ISBN: 978-3-46203-903-0, 9,95 Euro.

Das fünfte Flugzeug

von John S. Cooper

Max Fuller ist das genaue Gegenteil des Amerikanischen Traums: Als junger, aufstrebender Journalist in New York gewinnt er mit einer großen Story den Pulitzer Preis, um kurz darauf mit Alkoholproblemen in der Versenkung zu verschwinden und als kleiner Recherchegeselle im Bauch des großen Medienkonzerns CBS zu schuften. Plötzlich bekommt er brisantes Material zugespielt. Es handelt sich um die wohl größte Vertuschungsaktion im Zusammenhang mit den Terroranschlägen des 11. September: Angeblich war an dem Tag ein fünftes Flugzeug in der Luft und dessen Pilot will auspacken.

Während der Übergabe wichtiger Beweise wird der unbekannte Mittelsmann vor Fullers Augen erschossen, wenig später der mysteriöse Pilot und geheimnisvolle Männer in schwarzen Anzügen machen Jagd auf den Journalisten.

Doch die Bedrohung scheint nicht von außen zu kommen, sondern allem Anschein nach aus den höchsten Geheimdienst- und Politikkreisen der USA. Als einsamer Rächer ist Fuller nun gezwungen, die Geschichte zu verstehen und an die Öffentlichkeit zu bringen.

Leider ist der Verschwörungsroman „Das fünfte Flugzeug“ von John S. Cooper nicht mehr als das Hirngespinst eines konspirativen Theoretikers. Bei aller Spannung erscheinen die angeführten Ungereimtheiten zu keiner Zeit plausibel und so bleibt das Buch nicht mehr als ein lebendig geschriebener Thriller für kalte Herbsttage. Wenn man sich damit abgefunden hat, dass es sich nur um ein Stück Fiktion handelt, ist das Buch sehr unterhaltsam - nicht zuletzt durch streckenweise gut geschriebene Dialoge zwischen den Charakteren.

Das fünfte Flugzeug, John S. Cooper
Taschenbuch, Kiepenheier & Witsch, 368 Seiten
ISBN: 978-3-46203-936-8, 8,95 Euro.

Harry Potter und die Heiligtümer des Todes

von Joanne K. Rowling

Seit nunmehr zehn Jahren begeistert Zauberlehrling Harry Potter mehrere Millionen Menschen rund um den Globus. 1997 fing alles mit dem Roman „Harry Potter und der Stein der Weisen“ an. In den Jahren darauf folgten bislang fünf erfolgreiche Kinoadaptionen und nicht zuletzt auch das Revival des Buches bei der jungen Generation. Jetzt begibt sich Potter auf seine letzte Reise und in „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ stellt er sich seinem Erzfeind Lord Voldemort.

Nachdem Hogwarts Schulleiter Dumbledore am Ende von Buch Sechs gestorben war, steht Harry nun völlig hilflos da und muss mit seinen besten Freunden Ron und Hermine verzauberte Talismänner, so genannten Horkruxe, suchen, in denen Voldemort seine Seele aufgeteilt und versteckt hat. Solange nicht jeder einzelne zerstört ist, gibt es keine Möglichkeit, dem Dunklen Zauberer das Handwerk zu legen. Währenddessen kämpfen die übrigen Zauberer gegen Voldemorts Gefolgschaft an und unterstützen Harry Potter so gut es geht. Letzten Endes wird er dem Dunklen Lord allerdings gegenüberstehen müssen.

Wie auch schon bei den Büchern zuvor, übt die Geschichte einen unheimlichen Bann auf den Leser aus. Auch diejenigen, die nicht unbedingt zu den Potter-Hardcorefans gehören, lesen die über 730 Seiten schnell weg und am Ende ist jeder traurig, dass die Autorin Joanne K. Rowling bereits bekannt gab, dass es keine weiteren Abenteuer mehr geben soll.

Harry Potter und die Heiligtümes des Todes, Joanne K. Rowling
Hardcover, Carlsen, 736 Seiten
ISBN: 978-355-157777-1, 24,90 Euro.

Touchdown

von John Grisham

American Football ist eine Welt, die den meisten Europäern wohl ewig verschlossen bleiben wird. Erfolgsautor John Grisham lässt ihn in seinem Roman „Touchdown“ mit unserem Kontinent zusammentreffen.

Rick Dockery ist ein gescheiterter Quarterback, der in keinem US-Club länger als eine Saison spielt. Sein Agent verschafft ihm daraufhin einen Stammplatz bei den Parma Panthers in Italien – für den europäischen Football wird es ja wohl noch reichen. Dort sieht sich Dockery ungeahnten Problemen gegenüber: Die Massen drängen ins Fußballstadion, die Autos haben Gangschaltung, der Euro regiert Italien und zu guter Letzt spricht kaum einer Englisch.

Nach „Der Coach“ begiebt sich Grisham erneut auf den Pfad der Football-Kurzgeschichten. Auch wenn die feinen kulturellen Unterschiede zum Schmunzeln animieren, ist die Story um den fremden US-Sport doch zu hart, als dass sie im Zentrum des Fußballs Fuß fassen könnte. Aber eins bleibt nach wie vor unverändert: Grisham kann Geschichten erzählen.

Touchdown, John Grisham
Hardcover, Heyne, 352 Seiten
ISBN: 978-3-453-26591-2, 17,95 Euro.

Der Tote vom Maschsee

von Susanne Mischke

Ein grausamer Mord erschüttert Niedersachsens Landeshauptstadt Hannover: am Ufer des Maschsees treibt eine Leiche im Wasser. Die abgetrennte Zunge wird in einem Stadtteilfriedhof auf dem Grabmal der Opfer eines Massenmörders gefunden. Bei dem Maschseetoten handelt es sich um eine renommierten Psychologen, der sich auf Sexualstraftäter spezialisiert hat, wie die Ermittler der Kripo Hannover wenig später herausfinden. Aber bei allen Nachforschungen bleibt das Motiv des Täters verborgen. Und wieso solch ein symbolträchtiger Mord?

Der neue Krimi „Der Tote vom Maschsee“ von Susanne Mischke zieht geschickt alle Register des Genres und spannt gelungen die Bögen zwischen aufregenden Ermittlerarbeiten und ausgeprägtem hannöverschem Lokalkolorit. So treibt sie das Polizeiteam nicht nur durch die gesamte Landeshauptstadt, sondern schildert auch sehr detailverliebt die einzelnen Schauplätze und verleiht ihren Protagonisten amüsante Charakterzüge: Julia Wedekin etwa ist das naive Küken im Team und frisch von der Streife zur Mordkommission versetzt, Fernando Rodriguez mimt nach außen den raubeinigen Bullen, wohnt aber immer noch bei seiner Mutter. Und schließlich Hauptkommissar Bodo Völxen, der Inbegriff eines Norddeutschen: Nach getaner Arbeit hütet er zu Hause eine Schafherde samt brummigem Bock und steht abends mit seinem Nachbarn am Gartenzaun, eine Flasche Bier in der Hand, philosophierend über die Welt – oder einfach schweigend.

Susanne Mischke ist mit „Der Tote vom Maschsee“ eine sogleich spannende Kriminallektüre als auch ein lustiger Gesellschaftsroman gelungen.

Der Tote vom Maschsee, Susanne Mischke
Taschenbuch, Piper, 304 Seiten
ISBN: 978-3-492-05146-0, 14 Euro.

Laienspiel

von Volker Klüpfel und Michael Kobr

Das Allgäu ist tödlich. Eine Aussage, die all diejenigen verstören dürfte, die dort schon einmal Urlaub machten – und die anderen neugierig. Und sie stimmt, zumindest wenn man dem Autorenduo Volker Klüpfel und Michael Kobr mit ihrem neuen Roman „Laienspiel“ folgt. Sie müssen es wissen, denn ihre Romanfigur, Kommissar Kluftinger von der Kemptener Kripo, ermittelt nun schon zum vierten Mal im mörderischen Urlaubsgebiet des Allgäus.

Diesmal ist die Region im Freilichtfieber, Laienspieler Kluftinger probt gerade für den „Wilhelm Tell“, als ihn dort per Handy die Meldung von einem Selbstmord während der Flucht vor der Polizei ereilt. Schnell erhärtet sich der Terrorverdacht gegen den Selbstmörder. Und das trifft den phlegmatischen Kommissar nun besonders hart, denn ab jetzt muss er sich zusätzlich noch mit dem BKA und den österreichischen Kollegen rumschlagen. Was ist das Anschlagsziel? Und wie soll das Terrorattentat ausgeführt werden? Es gibt mehr Fragen als Antworten – und mehr Anschlagsziele als erwartet. Die Zeit rennt Kluftinger jedoch davon.

Dass es darüber hinaus für ihn noch einige private Verwicklungen und Ärger mit dem Tell-Regisseur gibt, war zu erwarten. Der Rest jedoch nicht. „Laienspiel“, ein Buch, das nicht nur für Touristen des Alpenrands spannend sein dürfte, sondern sich auch für alle hiesigen Krimiliebhaber lohnt.

Laienspiel, Volker Klüpfel und Michael Kobr
Taschenbuch, Piper, 368 Seiten
ISBN: 978-3-492-05073-9, 14 Euro.

Das Teufelsspiel

von Jeffery Deaver

Bereits fünf Mal stellte das New Yorker Ermittlerduo Lincoln Rhyme und seine Assistentin Amelia Sachs ihr Können unter Beweis. Thrillerautor Jeffery Deaver läßt sie nun mit „Das Teufelsspiel“ ihren sechsten Fall aufklären.

Erneut steuert der querschnittsgelähmte, ehemalige Tatortermittler Lincoln Rhyme sein ungeheures Wissen bei der Spurensicherung der Polizei zur Verfügung, während Amelia Sachs draußen auf der Straße seine Augen und Ohren sind. Beide müssen in kürzester Zeit einen eiskalten Profikiller dingfest machen, der sich eine sechzehnjährige Schülerin als Opfer auserkoren hat. Dass das Motiv seiner Tat dabei auf ein 140 Jahre altes Rätsel zurückgeht, macht es für die beiden Ermittler nicht leichter.

Jeffery Deaver weiß auch im sechsten Anlauf, wie der Leser an die Geschichte zu fesseln ist. Er liefert immer gerade so viele Informationen, dass jeder mitleidet, wenn auch diese Spur wenig später im Sande verläuft oder der Mörder nur um Haaresbreite entwischen kann. Schlussendlich fahndet der Leser zusammen mit Rhyme und Sachs nach dem wahnsinnigen Mörder – nichts für schwache Herzen!

Allerdings sollte nach Möglichkeit chonologisch vorgegangen werden und Krimifans sollten zuerst die anderen fünf Romane lesen. Immer wieder fallen Bezüge auf bisherige Fälle, die sich zwar nicht unbedingt auf die Geschichte auswirken, aber die Charakterentwicklung der Protagonisten nachvollziehbarer machen.

Das Teufelsspiel, Jeffery Deaver
Taschenbuch, Blanvalet, 537 Seiten
ISBN: 978-3-442-36829-7, 8,95 Euro.

Faszination Deutschland: Hamburg

von Ute Kleinelümern (Autor), Hanno Ballhausen (Autor)

Bildbände sind immer etwas Besonderes. Entweder erlauben sie einem den Blick in die weite Ferne zu exotischen Orten, oder sie vermitteln uns einmalige Einblicke in Altbekanntes. „Faszination Deutschland: Hamburg“ gehört zur zweiten Kategorie.

Obwohl die Hansestadt in unserer unmittelbaren Nachbarschaft liegt, findet man im neuen Bildband vom Verlag Kunth anregende Aufnahmen für den nächsten Hamburgtrip. Wunderbare Tages- und Nachtaufnahmen beispielsweise des Jungfernstiegs aber auch des Hafens wechseln sich ab mit informativen Hintergrundberichten über die turbulente Geschichte der Stadt an der Waterkant.

Dabei zeigt der Band mit seinen 400 Aufnahmen Hamburg nicht nur von seiner edlen und schönen Seite mit seinen Prachtbauten und Villen, sondern zeigt auch die emotionalen Seiten wie die Reeperbahn, die Fans des Hamburger SV und die Kultkicker des FC St. Pauli. Rund 300 Internetadressen bieten am Ende die Möglichkeit, tiefer in das Hamburger Leben einzutauchen.

Kunth hat mit „Faszination Deutschland: Hamburg“ einen wunderbaren Bildband auf den Markt gebracht, der sogar zu einem erschwinglichen Preis zu haben ist – Hamburgliebhaber und solche, die es einmal werden wollen, können ohne schlechtes Gewissen zugreifen und staunen über diese abwechslungsreiche Stadt.

Faszination Deutschland: Hamburg
Hardcover, Kunth, 160 Seiten
ISBN: 978-3-89944-392-9, 19,90 Euro.

Elche am Fjord

von Holger Wolandt (Hrsg.)

Draußen ist es kalt, dunkel und der Winter hält Einzug. Was liegt da näher, als sich ein gutes Buch zu schnappen und auf der Couch in Ruhe zu schmökern? Passend zur Jahreszeit hat Holger Wolandt die besten Wintergeschichten Norwegens, unter anderem von Jo Nesbø, zusammengesammelt und in „Elche am Fjord“ vereint.

Der Untertitel „Die schönsten Wintergeschichten Norwegens“ ist allerdings insofern irreführend, als dass sich die meisten Kurzgeschichten um Selbstmord, Tod, Unfall und Untreue – alles Themen, die wir bestens aus skandinavischen Krimis kennen.

Aus diesem Grund eignet sich die Sammlung nicht unbedingt für das familiäre Vorlesen vor dem Kamin, ist aber perfekt für kurzweilige Unterhaltung, wenn einmal nicht so viel Zeit oder Lust besteht, lange Geschichten zu lesen. Durch die gewählte Thematik und Stimmungen geben die Kurzgeschichten nicht selten auch einen Einblick in das anstrengende, norwegische Leben im Winter, wenn die Sonne monatelang gar nicht mehr scheint.

Elche am Fjord, Holger Wolandt (Hrsg.)
Taschenbuch, Piper, 246 Seiten
ISBN: 978-3-492-24893-8, 8 Euro.